Samstag, 28. März 2015

Nicht bloß kein Trinkgeld

Neulich habe ich zum ersten Mal in einem Lokal Null Trinkgeld gegeben. Nicht, dass ich noch nie kein Trinkgeld gegeben hätte - diesmal habe ich bewusst Null Trinkgeld gegeben. Eigentlich hat wahrscheinlich mein Unterbewusstsein die Kontrolle übernommen.


Wir waren in einer Bar, um ein Kabarett-Stück eines Freundes zu sehen. Die Karten waren schon lange gekauft - und ich hatte von dieser Bar im ersten Bezirk noch nie etwas gehört. Aber es war mir auch egal, ich ging ja nur des Kabaretts Willen hin.
Es fing damit an, dass die Bar eher gehobener erschien, eingerichtet wie in einem Theater - man wurde dazu aufgefordert seinen Mantel/Jacke an der Garderobe abzugeben. Diese kostete 2 Euro. Nun ja, 2 Euro sind 2 Euro, nicht die Welt, aber für die Garderobe auch nicht gerade billig, vor allem, wenn man es sich nicht aussuchen kann.
Dann die Getränkekarte - überschaubare Auswahl - die Preise begannen ab 4 Euro. Auch bei den nichtalkoholischen Getränken. Da ich mit einer starken Verkühlung hingegangen war, blieb ich bei Nichtalkoholischem. Vier Euro also, für einen Gingerale von 0,2 Litern. Toll. In der Pause bestellte ich noch einen, obwohl ich mir vorgenommen hatte bei diesem einen zu bleiben, aber ich hatte, wahrscheinlich auch wegen der Verkühlung, einen sehr trockenen Mund.

Ich bin normalerweise nicht knausrig mit Getränken oder Essenbestellungen in Bars und Lokalen. Ich nehme, worauf ich Lust habe, ohne groß darüber nachzudenken. Heute war es anders, ich war verkühlt, mein Kopf fühlte sich an wie ein Luftballon, der zu platzen droht, ich konnte nichts schmecken und nichts riechen. Nicht die besten Vorraussetzungen für einen gelungen Abend, also.

Das Kabarett war irgendwann vorüber und die Kellner (ich habe noch nicht erwähnt, dass diese selbstverständlich schwarzen Anzug mit Fliege trugen) kamen vorbei um zu kassieren.
Und da war er - dieser Gedanke - diesmal gebe ich kein Trinkgeld. Noch bevor der Kellner unseren Tisch erreichte, dachte ich ihn. Doch ich hatte nie vorgehabt, das so offensichtlich zu tun, wie ich es getan habe.
Er sagte „8 Euro", ich kramte in meiner Geldbörse, gab ihm einen 50 (!) Euro Schein und wiederholte: Acht.
In der gleichen Sekunde dachte ich: Scheiße! Warum habe ich das gesagt? Es hätte gereicht, nichts zu sagen. Aber offensichtlich wollte etwas in mir diese Tat unterstreichen. Komisch war auch, dass er „Danke" sagte, während er das Wechselgeld suchte. Die Situation zog sich für mich unerträglich in die Länge.
Selbst meine Freundin sagte später, „das war jetzt eigenartig".

Und als ich mit ihr gemeinsam darüber nachdachte, warum ich das gesagt hatte, obwohl ich es eigentlich gar nicht gewollt hatte, wurde mir klar, dass ich es wahrscheinlich unterstreichen wollte, nichts geben zu wollen. Ich bin manchmal so - ich schalte auf stur und bin trotzig, mache Dinge dann ostentativ. Trotzdem war es mir dann peinlich. Fast so, als hätte ich es gar nicht selbst entschieden, so zu handeln. Deshalb glaube ich auch, dass mein Unterbewusstsein in diesem Moment die Kontrolle übernommen hat.

PS: Warum fühlt man sich so peinlich berührt, wenn man soziale Konventionen bricht? Es liegt wohl genau daran. Die Antwort steckt in der Frage.

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